Windelfrei. „So ein Quatsch“ habe ich mir gedacht, als eine entfernte Bekannte ein Kind bekam und sie das Kind windelfrei erziehen wollte. Wie soll das denn funktionieren? Es gibt Windeln und Babys haben doch keine Ahnung wann sie mal auf die Toilette müssen. ODER? Außerdem ist es doch sicher stressig. ODER?
Wie bin ich zu Windelfrei gekommen?
Während in schwanger war habe ein Buch aus der Bibliothek ausgeliehen, von Rita Messmer – Ihr Baby kann’s: Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit von Kindern fördern.
Der Titel hat mich angesprochen, ich war neugierig. Das Buch an sich ist nett, kurzweilig, recht bedürfnisorientiert und ich konnte einige Tipps rausholen und anwenden. Dann war da dieses Kapitel „windelfrei“. Na gut, ich kann es ja mal lesen. Und das hat meine Art zu Denken komplett geändert und ich war angefixt, es zu versuchen. Warum?
Jedes Tier kann von Anfang an seine Ausscheidungen kontrollieren. Kein Tier setzt sich in seinen eigenen Mist. Ich vergleiche es immer mit einem Hasen (der ja nicht super-intelligent ist): selbst ein Hase macht in eine Ecke des Käfigs, nicht überall hin und er setzt sich gleich gar nicht rein. Warum haben dann Menschenkinder ihre Ausscheidungen am Hintern kleben und seit wann ist das so? Früher (also vor etwa 150 Jahren, ein lächerlicher Zeitraum also) gab es keine Wegwerfwindeln wie wir sie heute kennen. Auspacken, reinmachen, wegwerfen. Es gab höchstens Stoffwindeln. Aber ganz früher gab es auch diese nicht und die Menschheit hat trotzdem überlebt. Und auch viele Kulturen in Asien oder Afrika tragen heutzutage noch keine Windeln. Wie das? Sie hören auf ihre Babys, denn die wissen wann sie mal müssen und signalisieren das auch. Aha. Na dann will ich das doch mal versuchen wenn Lovebug da ist. Und tatsächlich passierten einige Dinge, die mich an die Theorie glauben ließen.
Windelfrei – wie fange ich an?
Zunächst habe ich Folgendes beobachtet: Lovebug pinkelte oder kackte immer, wenn die Windel offen war. Zufall? Ja sagen die einen, der kalte Luftzug, der an die Genitalien kommt löst einen Reflex aus. Aber das kann nicht immer sein. Und es kommt auch nicht immer ein kalter Luftzug wenn man unter dem schönen warmen Licht der Wärmelampe liegt. Ich war einfach neugierig und hatte Lust es zu probieren.
Daraufhin habe ich wirklich stressfrei angefangen und Lovebug einfach bei jedem Windelwechsel über eine Schüssel gehalten und „Befehle“ (also Pipi oder Kacka) gesagt oder Geräusche gemacht. Auf keinen Fall Druck ausüben. Mr. EA hielt mich für verrückt. Ich war mir auch nicht sicher was ich da tue. Aber: es klappte! Lovebug machte wirklich jedes Mal in die Schüssel, Pipi und Kacka. Wahnsinn!
Natürlich hatte ich zwischendrin, immer mal wieder etwas in der Windel (nur Pipi, Kacka ging wirklich von Anfang an nur ins Töpfchen). Also habe ich den nächsten Schritt befolgt: Windel ausziehen, Zimmer aufheizen und einfach mal beobachten. Da war Lovebug etwa 4 Monate alt. Hier kann man Muster erkennen, damit man gewappnet sein kann (oder eben auch nicht ;-)).
Weitere tolle Anregungen habe ich über Julia Dibbern und Nicola Schmidt bekommen:
Was nicht geklappt hat mit Windelfrei
Leider konnte ich mit der Beobachtung zur Erkennung der Pipi Gewohnheiten nicht viel erreichen. Ich erkannte es einfach nicht. 30 Minuten habe ich Lovebug ständig im Auge, wenn ich einmal kurz für 20 Sekunden weggeschaut habe war die Unterlage nass. Ohne Gesicht verziehen ohne Geschrei, ohne jegliches für mich erkennbare Zeichen. Ich habe es oft versucht zu erkennen, einige Tage mit Beobachten verbracht. Aber ich konnte es nicht sehen. Beim Stillen wurde oft gepinkelt, aber das war mir zu umständlich. Ich konnte nicht Töpfchen und stillendes Baby unter einen Hut kriegen. Das musste ich dann leider auch sein lassen, obwohl da zuverlässig Pipi kam.
Meine Lösung: Part-Time Windelfrei
Nun wollte ich mich davon nicht abbringen lassen. Ich habe gelesen, dass es dem Kind trotzdem etwas bringt, wenn es abgehalten wird. Also habe ich einfach meine erste Variante wieder gemacht: Immer beim Windelwechsel über eine Schüssel halten. Da klappte es wirklich weiterhin gut. Nach dem Schlafen, also etwa 5 bis 10 Minuten nach dem Aufwachen war der Erfolg eigentlich immer zu verzeichnen. Ansonsten habe ich eben gewechselt wenn ich das Gefühl hatte und manchmal klappte es und manchmal eben nicht. Kacka ging wirklich immer, da habe ich auch die Signale erkannt. Pipi von Zeit zu Zeit. Wichtig ist es, keinen Druck auf das Kind aufzubauen. Wenn es klappt schön, wenn nicht dann eben nicht. Seit Lovebug etwa 14 Monate alt ist, sagt Lovebug uns wann Kacka kommt und wir können ins Bad gehen. Manchmal sehen wir es auch bloß, wenn Lovebug „drückt“, aber das passiert komischerweise immer in unserer Nähe, damit wir es auch mitbekommen. Es klappt zu 99 Prozent. Dies ist für mich ein weiterer Beweis, dass auch kleine Babies schon kommunizieren können und über ihre Ausscheidungen Bescheid wissen. Vielleicht wird Lovebug auch eher „trocken“, aber das ist nicht unser primäres Ziel.
Windelfrei: Auch hier gibt es Phasen
An manchen Tagen ging wirklich alles ins Töpfchen, sodass eine Windel eigentlich überflüssig war und an manchen Tagen gar nichts. Auch gab es Wochen, an denen gar nichts in die Schüssel ging und Wochen da passte alles. Ich möchte euch ermutigen, es auch in den „schlechten“ Phasen weiterhin anzubieten. Es lohnt sich und euer Baby weiß dass es sich auf euch verlassen kann.
Mittlerweile mache ich das seit fast 1,5 Jahren und wir hatten insgesamt höchstens 20 Kacka-Windeln! Ich kann es also vollstens empfehlen.
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?